Kapitel 1 - Der Beginn

 

 

"Hahahahaha, schaut auch die an! Sie soll angeblich eine von uns sein, aber schaut sie euch nur an! Sie wird nie akzeptiert werden! HAHAHAHAHAHA"

Ich schlug meine Augen auf und sah Fische über mich hinwegschwimmen. Wo war ich? Verwundert blinzelte ich ein paar Mal, bis es mir dämmerte. Ich lag erneut in dem Fluss, in dem er mich gefunden hatte. Kurz richtete ich mich auf, bloß um wieder zusammenzusacken. Noch immer nicht genug Kraft gesammelt... Ich brauche mehr... Viel mehr... Dunkelheit überkam mich.

Nicht viel später wachte ich erneut auf. Schon wieder diesen Traum, nein, Albtraum. Ich war eine Potameide, eine Nymphe der Flüsse. Doch mein Name und Aussehen hatten nicht annähernd etwas damit zu tun.... Shuǐ Xiān, Osterglocke, da meine Haare von Geburt an Sonnengelb waren und spitz am Hinterkopf abstanden, wie die einer Osterglocke. Doch dies war mein Verhängnis.

Ich wuchs in einem Dorf auf mit Nymphen, die dem Wasser zugehörig waren. Sie alle hatten wunderschönes blaues oder weißes Haar. Und dann kam ich. Man quälte mich, schloss mich aus und, letztendlich, verbannte mich, da ich "abartig" war.

So zog ich umher, schlief in den Flüssen, um Energie zu sparen und lebte eigentlich nicht schlecht. Als ich dann eines Tages in einem Fluss lag und die Strömung mich langsam aber sicher Richtung Meer zog - das Gebiet der Nereiden - zog mich plötzlich jemand aus dem Wasser und brüllte mich an. Ob es mir gut gehe, was ich da drin gemacht hätte, ob ich mir dessen bewusst war, dass ich hätte sterben können? Entgeistert und verwirrt starrte ich in das Gesicht eines älteren Herrens. Als er einen genaueren Blick auf mich warf und die Kiemen an meinem Hals sah, die immer dann zum Vorschein kamen, wenn ich am Wasser war, dämmerte ihm, dass ich garnicht hätte ertrinken können. Auf der Stelle entschuldigt er sich bei mir, es täte ihm unglaublich leid. Nachdem ich ihm versicherte, dass alles gut ist, wollte ich wieder gehen. Er hielt mich jedoch fest und lud mich zu sich ein, als Wiedergutmachung. irgendetwas an ihm löste in mir ein Gefühl aus, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht beschreiben konnte, weshalb ich ihm willig folgte.

Es stellte sich heraus, dass er Fischer war und in einem kleinen Fischersdorf lebte. Wir traten in eine süße, kleine Hütte ein, und eine ältere Frau lächelte mir sanft entgegen. Ich konnte nicht anders als zurückzulächeln. Sie fragte mich, warum ich so nass sei, und der ältere Herr, scheinbar ihr Mann, erzählte alles, was passiert ist. Sofort nahm sie meine Hand und zog mich ins nächste Zimmer, wo sie mich trocknete und mir neue Kleider rauslegte. Soviel Freundlichkeit kannte ich nicht, vor allem nicht von Fremden, und auch dies löste Gefühle in mir aus, die mir nicht bekannt waren. Als ich aus dem Raum trat, fragten sie mich, ob ich nicht noch über Nacht bleiben wolle, bevor ich heimkehrte. Mit traurigen Lächeln antwortete ich, dass ich sowas nicht besäße. Beide schauten sich an, und dann fragten sie wie aus einem Mund, ob ich nicht bei ihnen bleiben wollte. Und sofort wurde mir klar, welches Gefühl das war, was ich spürte, was ich nicht kannte. Das Gefühl war Geborgenheit.

Zurück in der Gegenwart. Langsam machte ich mich auf den Heimweg. Ich hatte mich wieder in die Haare gekriegt mit beiden. Sie taten mir Unrecht, mir vorzuschreiben, wohin ich gehen darf und wohin nicht. Sie waren so ungerecht! Ich starrte wütend zum Himmel und sah kleine Rauchwolken. Diese waren für gewöhnlich normal in unserem Dorf, da wir den Fisch räucherten. Doch dies war kein normaler Rauch. Dieser war anders.

Panisch nahm ich meine Füße in die Hand und rannte zurück.